Abendexkursion zum Landwirtschaftlichen Betrieb Hess Select in Dürnten
Die Männerriege ist also mal wieder unterwegs, diesmal führt der Weg nach Dürnten auf den Bühlhof, wo uns Ramona Moser-Hess, die Frau mit dem Handy an ihrer Seite und den meisten Kühen weit und breit, herzlich begrüsst. 20 Männerriegler, sportlich fit und bei guter Stimmung sind bereit für das, was Ramona charmant als «Sonntagstürli» bezeichnet – einen Rundgang durch ihren hochmodernen Landwirtschaftsbetrieb.
Der erste Halt führt uns zu Jacqueline, einem frischgeborenen Kalb, das noch neben seiner Mutter im frischen Stroh liegt. Jacqueline wurde immunologisch ungeschützt geboren. Aber keine Sorge, ihre Mutter wird mit ihrer wertvollen Kolostrum-Milch dafür sorgen, dass die Kleine bald genug Abwehrkräfte für den täglichen Kuhalltag entwickelt.
Weiter geht es durch den imposanten, 100 Meter langen Stall, der luftig gebaut ist und viel Raum für die Tiere bietet. Hier leben die Kühe nicht nur, sie haben sogar ihren eigenen „Bahnhof“. Von hier aus wird nämlich die Schiebevorrichtung gesteuert, welche den Mist räumt, während die Kühe einfach souverän einen Schritt darüber hinwegsetzen. Kühe eben, immer cool und entspannt.
Der unbestrittene Herrscher des Stalls ist Muni Giulio, sein Fachgebiet ist die natürliche Besamung. Muni Giulio ist überzeugter Traditionalist: „Künstliche Besamung? Pah!“ Aber Ramona weiss, dass beides seinen Platz hat: Hightech und Natur müssen im Einklang sein.
Mitten im Stall treffen wir dann auf die Königin des Hofes: Mona Lisa. Nein, keine Verwechslung mit dem Louvre, sondern die Leitkuh und CEO der Herde. Mona Lisa regelt hier alles – mit Selbstbewusstsein, einem gehörigen Schuss Intelligenz und gelegentlichem Einsatz von Körperkraft. Ihre Körpersprache sagt klar: „Hier wird gemacht, was ICH will.“ Und die 20 Männer die sie nun begutachten? Für sie kaum der Rede wert. Schließlich hat sie eine Herde von rund 200 Tieren im Griff. Jede Kuh liefert im Durchschnitt etwa 30 Liter Milch pro Tag, was bei 150 Kühen zu einer Tagesleistung von annähernd 4500 Litern führt. Die Milchproduktion ist mit etwa 2/3 des Umsatzes das Hauptgeschäft des Betriebes. Das zweite Standbein ist die Fleischproduktion, also die Aufzucht von Kälbern und deren Verkauf, nachdem sie ein Gewicht von 80 kg erreicht haben. Milch- und Fleischproduktion bedingt einen grossen Bedarf an Futter, so werden täglich etwa 15 Tonnen Gras, Heu oder Mais verfüttert. Das meiste davon wird auf dem 100 Hektaren grossen Betrieb geerntet. Bei der Fütterung hilft auch Lely Juno. Das ist kein eingebürgerter Holländer (was dem Namen nach gut sein könnte), sondern ein Roboter, ein automatischer Futterschieber. Ramona betont: „Lely Juno ist der perfekte Mitarbeiter: nie Ferien, nie krank, immer pünktlich.“ Nur hin und wieder braucht er etwas Zuneigung, sprich Service. Sein großer Bruder, Lely Astronaut A5, übernimmt das Melken – und das kann er richtig gut. Mit Datenchip und Hightech weiss der Roboter alles über jede Kuh, was sie wann wieviel frisst und welche Extra-Motivation in Form von Kraftfutter sie gerade braucht.
Während wir der Arbeit des Roboters staunend zusehen, zückt Ramona nebenbei ihr Handy. Denn von hier aus steuert sie fast alles: Melkroboter, Futterschieber und vielleicht auch noch das Wetter, wer weiss. Bei einem Budget von mehreren Millionen Franken bleibt hier nichts dem Zufall überlassen, der Hof wird streng nach wirtschaftlichen Kriterien geführt. Neue Maschinen werden gekauft, wenn diese auch bezahlt werden können, Leasing würde nur in Abhängigkeiten führen. Bei der Bewirtschaftung kann Ramona auf viele Jahre Erfahrung im Bankenwesen zurückgreifen, wenn man sie aber sprechen hört, weiss man, dass das Bauern bei ihr in den Genen liegt.
Nach dem Rundgang erwartet uns ein reicher Apéro. Vom Alpkäse bis zum Aufschnitt – alles vom eigenen Hof. Nur der Weißwein kam aus dem Welschland, aber wer weiss, vielleicht wird das bald Ramonas nächstes Projekt. Man könnte es ihr zutrauen.
So geht ein höchst informativer und humorvoller Abend zu Ende, und die Männerriegler wissen nun: Landwirtschaft ist schon lange nicht mehr nur „Bauernhof“, sondern ein Mix aus Technik, Tierliebe und viel Herzblut – und Ramona Moser-Hess hat all das im Griff, natürlich per Smartphone.
Hans Jörg Burkhard